Video Town


am Mariendorfer Damm

Video Town

Mariendorfer Damm 402-406

Inhalt und Kapitelübersicht

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Vorwort1

1Vorwort. Eine Krankheitsvertretung

Bild und Text: Lutz Röhrig 

Meine erste Begegnung mit dem Medium „Video“ war ca. 1983, als ich aushilfsweise von meinem damaligen Arbeitgeber aus der eigenen Filiale vertretungsweise nach Neukölln abberufen wurde. Für meine Filiale standen Vertretungen bereit, nicht jedoch für die im Hause Hertie Neukölln. Und so verbrachte ich einige Tage an der Karl – Marx – Straße – just in einem Moment, als vor meinem Stand Umbaumaßnahmen im Gange waren. Neue Regale wurden aufgestellt, ein aus Werbeaufdrucken bestehender kleiner Stand wurde montiert – und auf Nachfrage erklärte man mir, dass man ab sofort Videorecorder verkaufen wolle. Und da es noch an geeigneten Medien für diese fehlte, bot man auch gleich einen Verleihservice mit an.

 

Nun, das mit den zur Verfügung stehenden Medien sollte sich bald ändern. Videotheken schossen bald wie Pilze aus dem Boden, die Preise für Videorecorder sanken. Auch in meinem Wohnumfeld gab es entsprechende Veränderungen. Am Kottbusser Damm hatte ein Privatmann eine Videothek kurz vor der Kottbusser Brücke eröffnet, in der er – noch war der Streit um die System - Vorherrschaft bei Videos nicht entschieden – Videokassetten der Systeme „Video 2000“ (ein rein europäisches System), „Sony Beta“ und eben VHS anbot. 

Video Town, Mariendorfer Damm. Eingangsbereich Innenansicht.

| Der Eingangsbereich der Videothek. 

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Video Town, Mariendorfer Damm. Blick in den zentralen Innenbereich mit Treppenabgang.

| Gegenüber dem Eingang befand sich eine Kurze Treppe zum Untergeschoss, in dem Videospiele, TV - Serien und Kinderfilme angeboten wurden. Links der Kassenbereich. 

Bald darauf entstanden auch die ersten Video - Ketten. So betrieb etwa „Video – World“ im Umkreis eine Filiale in der Urbanstraße und später am Kottbusser Damm - dort ausgerechnet in der ehemaligen Leiser - Schuhfiliale. In der 1. Etage gab es die Filmklassiker, im Parterre die Neuerscheinungen und im Kellergeschoss, wo einst ein riesiges Jahrmarktskarussell uns Kindern beim Schuhkauf die Zeit vertrieben hat, gab es nun – diskret hinter einer Wand verborgen – den Film für Bedürfnisse über „18 Jahre“.


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Angeboten wurden, der Technik – Streit war zugunsten der Japaner entschieden, ausschließlich VHS – Kassetten, die bald darauf von der DVD und schließlich von der Blu – Ray abgelöst wurden.

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2 | Eine Branche im Abwind

Die Zeiten des Videobooms sind lange vorbei. Heute kann man sich relativ preiswert die neuesten Filme online auf DVD bestellen oder in den allseits bekannten Elektronikmärkten kaufen – sofern man nicht von den zahlreichen Streamingangeboten Gebrauch macht. Und auch der „Film über 18“, dessen Verleih bis zu 25% des Geschäftes einer Videothek ausmachte, ist online diskreter und vor allem kostenlos zu erhalten.

 

Können sie sich noch an ihren ersten Videorecorder erinnern? Es war bei mir ein Grundig – eine Marke, von der längst auch nur noch der Name existiert. Heutzutage hat man für derlei ein Laufwerk im Computer. So verwundert es nicht, dass Dank ständiger sich ändernder Technik kaum noch Videotheken zu finden sind. Eine der Letzten - dank auffälliger Fassadengestaltung und gutem Service weithin im Umkreis bekannt - war am Mariendorfer Damm ansässig. Doch auch sie ist seit dem 31. August 2019 geschlossen. Meine Partnerin und ich nutzten die Gelegenheit, kurz vor der Schließung ein derartiges Relikt noch einmal mit der Kamera abzulichten. Ein Vorhaben, das auch für mich von einer gewissen Wehmut begleitet ist.

Video Town, Mariendorfer Damm. Treppenabgang zu den Kindervideos und Videospielen.

| Architektonisch geschickt wurde der Treppenabgang von einem Oberlicht beleuchtet, welcher gleichzeitig der Videothek das besondere etwas gab. 

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Video Town, Mariendorfer Damm. Videoregale.

| Blick auf einige der zahlreichen Regale mit den Covern aktueller Filme und auch vieler Klassiker, die man ansonsten kaum bekommen hätte.  

3 | Video Town am Mariendorfer Damm

Die Filiale von Video – Town am Mariendorfer Damm 402-408 gehörte zu den größten Videotheken Berlins. Bis zu 200 Kopien jedes neueren Titels wurden zu besten Zeiten vorgehalten, um den ersten Hype auf einen neuen Film gut verwerten zu können. Denn schnell lässt das Interesse der Kunden wieder nach.

 

Insgesamt 10.000 Filme bevölkerten die Regale -und, was besonders auffällt: auf eine ansprechende Gestaltung des 1996 umgebauten „Megastores“ wurde großen Wert gelegt. Längst waren die Zeiten vorbei, als noch in jeder kleinen Schmuddel – Videothek maximale Gewinne erzielt werden konnten. Zudem setzte man hier auf Familienfreundlichkeit. Bereits Kinder ab 10 Jahren konnten hier altersgemäße Filme ausleihen.

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Auf den insgesamt 850 Quadratmetern der von den beiden Geschäftsführern Jörg Höland und Carsten Krüger geführten Videothek fand sich alles, was das Herz eines Filmfreundes höher schlagen ließ. Neben Blu – Rays und DVDs auch Videospiele, Getränke, Süßwaren, Popcorn und natürlich auch das ein oder andere Merchandisingprodukt wie Figuren oder T – Shirts.

 

So entwickelte sich Video Town zu einer der umsatzstärksten Videotheken Deutschlands mit zugehörigen Sonnenstudio "Sun Town" im Nachbarhaus, dessen Erdgeschoss ursprünglich gleichfalls von der Videothek belegt worden war. Doch auch im Süden Berlins musste man schließlich den neuen Trends  Tribut zollen: Am 31. August 2019 schloss Video – Town für immer seine Türen.

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Video Town, Mariendorfer Damm. Kassenbereich.

| Blick auf den Kassenbereich. Wie üblich, gab es hier neben den Filmträgern auch Süßwaren, Popcorn, Chips - und was einen Videoabend sonst noch angenehm gestalten ließ. 


Video Town, Mariendorfer Damm. Blick auf die von DEVAU - Werbung, Altlandsberg, ausgeführte Fassadengestaltung.

| Markenzeichen der Videothek wart die auffällige Fassadenwerbung, welche von DEVAU - Werbung in Altlandsberg realisiert worden war. Ursprünglich erstreckte sich die Videothek bis ins Nachbarhaus. Das Sonnenstudio "Sun Town" wird gleichfalls von den Inhabern der Videothek betrieben.