Kino im Sony Center
Potsdamer Straße
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1 | Ein Kinogang
Text und Bild: Lutz Röhrig
Wie oft waren meine Partnerin und ich im Sony – Center – wohl unzählige Male. Es liegt für uns ja „arbeitstechnisch“ gesehen geradezu nahe. Mal war es der dortige Buchladen, welcher uns ins Center führte, mal der Besuch eines Restaurants oder des Lego – Shops
Natürlich kannten wir auch das dortige Kino. Um so mehr waren wir betroffen, als bekannt wurde, dass dieses Kino zum 31. Dezember 2019 schließen muss. So wurde der Gang ins IMAX kurz vor Weihnachten, um Jumanji 2 einmal in der Originalfassung und 3D erleben zu können, zur letzten Kinovorstellung, die wir im "CineStar Original", wie sich das Kino im Sony - Center ab 2001 offiziell nannte, sehen sollten.
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2 | Der Architekt Helmut Jahn
Das Kino war untrennbar mit der Baugeschichte des Sony – Center verbunden. Der rund 26000 qm umfassend Gebäudekomplex des Centers, welcher ursprünglich die Europazentrale von Sony beherbergte, war in den Jahren 1996 – 2000 durch den Stararchitekten Helmut Jahn geplant und durch dessen "Büro Murphy/Jahn" ausgeführt worden.
Herzstück des Centers ist ein ovaler Platz, welcher von einer gewaltigen, die sieben Einzelgebäude der Platzrandbebauung zusammenfassenden Zeltdachkonstruktion überwölbt wird. Die Silhouette der Dachkonstruktion erinnert an den heiligen Berg Japans, den Fujiyama - eine Intention des damaligen Bauherren, dem japanischen Elektronik- und Filmkonzern Sony.
Teil dieser Platzrandbebauung ist auch der kubisch in den Platz hineinragende sog. Entertainment – Komplex mit rund 17000 qm Geschossfläche, welcher von Anfang an für den Betrieb eines Kinos vorgesehen und gleichfalls von Helmut Jahn entworfen worden war.
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3 | Flur und Kinosäle
Helmut Jahn hatte sich für den am 20. Januar 2000 eröffneten Kinobetrieb architektonisch so einiges einfallen lassen. So war etwa der lange Flur, welcher die 8 sich unter der Platzanlage erstreckenden Kinosäle miteinander verband, in der Mitte mit einem Glasdach versehen worden, welches den direkten Blick nach oben in die den Platz überwölbende Zeltdachkonstruktion freigab.
Betreten konnte man den Kinokomplexes über die Eingänge vom Platz aus, wo sich neben den Kassen auch die Rolltreppen zum Untergeschoss mit den Kinosälen und der damaligen Sony Music Box (ab 2007 Lego - Shop) befanden - oder man fuhr vom Kassenbereich ins Obergeschoss zum IMAX Kino, das zudem auch über die seitlichen Rolltreppen des Entertainmentkomplex vom Platz aus zu erreichen war.
Da auf der anderen Seite der Potsdamer Straße, dem Sony–Center gegenüber, die konkurrierende Cinemaxx–Gruppe ebenfalls ein großes Kinozentrum mit sogar 19 Kinosälen errichtet hatte, wurden ab dem 1. November 2001 im Kino im Sony-Center nur noch englischsprachige Originalversionen der aktuellen Kinohits gezeigt, um so ein Alleinstellungsmerkmal zu erhalten. Das Kino trug daher fortan den Namen "CineStar Original".
Die insgesamt acht Säle des "CineStar Original" besaßen ein unterschiedliches Platzangebot. Entgegen sonstiger Gepflogenheit war der Kinosaal 1 nicht der größte, sondern mit 184 Sitzplätzen der zweitkleinste. Saal 2 besaß 277 Plätze, Saal 3 - 367, Saal 4 - 187, Saal 5 - 227, Saal 6, der kleinste Saal - 142, Saal 7 - 360 und Saal 8 - der größte Saal - 519 Sitzplätze. Damit konnte das Platzangebot flexibel entsprechend dem Bedarf angepasst werden.
Im roten Teppich übrigens, welcher den langen Flur zu den Kinosälen im Untergeschoss bedeckte, sind Zitate aus dem Martin Scorsese Film "Taxidriver" eingearbeitet - einem der besten und wichtigsten Filme des amerikanischen Kinos...
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4 | Das IMAX im Sony-Center
Neben dem Kinokomplex der "Cinemaxx-Gruppe" mit seinen 19 Sälen gab es jedoch auch für das zum "CineStar Original" gehörende "CineStar IMAX" mit seinem 328 Sitzplätzen einen Konkurrenten im Umkreis des Potsdamer Platzes: Bereits am 2. Oktober 1998 war das "Discovery-Channel IMAX", das sich in der eigens hierfür errichteten Kuppelkonstruktion des heutigen Stage Bluemax - Theaters ("Bluemann-Group") befand, eröffnet worden. Dieses Wettbewerbsverhältnis sollte sich jedoch einige Jahre nach Eröffnung des "CineStar Original" lösen. Kritik der Zuschauer über einige bauliche wie technische Unzulänglichkeiten führten 2006 zur Schließung des Discovery- Channel IMAX und zum Umbau in ein Theater, womit der unmittelbare Konkurrent für das CineStar - IMAX entfiel und hier die Zahl der Zuschauer steigen ließ.
2011 wurde jedoch auch das "CineStar Imax" geschlossen, um nach einem 1,2 Millionen teuren Umbau als CineStar EVENT wieder zu eröffnen. Damit sollte auch äußerlich erkennbar werden, dass es sich hier um ein Prämienkino mit herausragender Ton- und Projektionstechnik (wenn auch ohne IMAX), besonderen Kinosesseln mit großem Reihenabstand und erhöhtem kulinarischen Angebot handelt, das auf ein eher anspruchsvolles Publikum zielte. Ein Konzept, wie es zuvor erstmals in Berlin von der Astor Film Lounge am Kurfürstendamm umgesetzt worden war. Das gegenüber dem Astor im Komfort jedoch leicht reduzierte Konzept bewährte sich jedoch hier - anders als am Kurfürstendamm - nicht.
| Die riesige Leinwand des IMAX - Kinosaals. Das bunte Farbspektrum deutet an, dass hier das 3D - IMAX Verfahren genutzt wird, welches Dolby Interferenzbrillen benötigt. Diese werden im Foyer der 1. Etage kostenfrei an die Besucher ausgegeben - und am Schluss der Vorstellung wieder von diesen abgegeben.
2013 wurde das Kino daher geschlossen, um es nach einem erneuten Umbau und erstmaliger Vergrößerung der Leinwand auf 26 x 19 m (und damit einhergehender Änderung des Bildformates) wieder als IMAX zu betreiben. Die luxuriösen Ledersessel wurden dabei jedoch nicht durch eine normale Bestuhlung ersetzt, sondern blieben weiterhin bestehen.
Seit dieser Zeit liefen, wie auch bereits in den übrigen Kinosälen des CineStar Originals", neben Dokumentationen vor allem Spielfilme in der Originalsprache. Im Jahr 2015 erfolgte ein erneuter technischer Umbau des "CineStar-IMAX", bei dem neben dem CineStar eigenen 12 Kanal Tonsystem auch eine 4K - Laser - Projektionsanlage installiert wurde.
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5 | Die Schließung des Kinos
Mit dem Auslaufen des Mietvertrags nach genau 20 Jahren kam indes zum 31. Dezember 2019 das Ende des "CineStar Original". Zwar waren sowohl das Kino als auch das IMAX trotz der englischsprachigen Ausrichtung stets gut besucht, jedoch konnten die nunmehr gestiegenen Mieten nicht mehr kompensiert werden. Zudem hatte die britische Vue Gruppe inzwischen sowohl die Cinemaxx- als auch die CineStar-Kinos übernommen. Die Vue Gruppe gehört gemeinsam der Alberta Investment Management Corporation sowie der kanadische Oxford Properties Group.
Die kanadische Oxford Properties Group, welche ihrerseits zum kanadischen Pensionsfonds Omers gehört und zusammen mit dem norwegischen "Norges Bank Investment Management" (NBIM) Besitzer des Sony - Centers ist, hat für das Sony-Center ein neues Konzept entworfen, um das Center zeitgemäß umzugestalten und die Wettbewerbssituation zwischen den nur durch die Potsdamer Straße getrennten, nun zum gleichen Konzernverbund gehörenden Kinos Cinemaxx und Cinestar aufzuheben.
Zum neuen Konzept gehört der Abbruch der Kinosäle des "CineStar Original" im Untergeschoss und die Umwandlung des IMAX-Gebäudes in einen "FoodCourt".
Auch der Name des ehem. "Sony-Centers" wurde bereits der zum 31. März 2023 auslaufenden Kooperation mit Sony besser entsprechend - am 1. April 2023 in "Center am Potsdamer Platz" geändert.
Die Schließung des "Kinos im Sony-Center" war damit der erste Schritt zur Auflösung des "Neues Filmzentrums" Potsdamer Platz. Zum 1. November 2024 verließ das "Filmmuseum" das nunmehrigen "Center am Potsdamer Platz", zum 31. Dezember 2024 auch das Kino "Arsenal", das wieder zurück in den Wedding ging, und auch der passend zum Filmmuseum auf Kinoliteratur spezialisierte "Dussmann Museumsshop" wurde Ende Dezember 2024 aufgelöst. Geblieben ist vom einstigen Kinotraum im Herzen Berlins nur noch das inzwischen umgebaute "Cinemaxx" sowie der baufällige, kaum mehr beachtete "Boulevard der Stars" auf dem Mittelstreifen der Potsdamer Straße vor dem ehem. Standort des Filmmuseums.
| Bauzustand des ehemaligen Kinogeschosses am 22. August 2023.
























