Der Schneider der Stars


Günter Adam

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1 | Der Schneider der Stars

Bild und Text: Lutz Röhrig 

Das Gewerbe am Kurfürstendamm und dessen Nebenstraßen unterliegt einem steten Wandel. Längst gibt es so manches Kino oder Fachgeschäft nicht mehr, das man aus seiner Jugendzeit vielleicht noch kannten. Anderes ist bis in die Gegenwart präsent.


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Zu den wenigen, seit Jahrzehnten bestehenden Institutionen gehörte bis vor kurzem auch das Atelier des Maßschneiders Günter Adam in der Meinekestraße 6, welcher u. a. Stars wie Udo Lindenberg, Harald Junke, Wolfgang Völz, Meret Becker, Klaus Löwitsch oder den Komponisten Jack White zu seinen Kunden zählen konnte. Doch nun, im stolzen Alter von 81 Jahren, geht er in den wohlverdienten Ruhestand. Am letzten offenen Tag besuchte ich ihn.  

Der Schneider der Stars. Günter Adam, Titelblatt.
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Der Schneider der Stars. Günter Adam insenem Atelier mit einem Anzug für Max Raabe.

| Günter Adam in seinem Atelier. Gediegene Atmosphäre und wenige, ausgesuchte Stilmöbel bildeten die elegante Kulisse für ein Beratungsgespräch mit seinen Kunden. 

2 | Das Atelier

Das Ambiente des Ateliers in der Meinekestraße 6 strahlt eine vornehme Gediegenheit aus und man merkt, hier hat ein Kenner der Materie besonders ausgesuchte Stilmöbel wirkungsvoll platziert. Kein Wunder, Günter Adam ist Antiquitätensammler aus Leidenschaft. Was gefiel, wechselte mitunter für ein oder zwei Maßanzüge seinen Besitzer.

 

Günter Adam (geb. am 13. Mai 1935 in Berlin), begann seine Lehre mit 14 Jahren bei einem Schneider in Weissensee, die Meisterprüfung erfolgte in Düsseldorf. Danach zog Adam nach West - Berlin, in den Ostteil, wo noch immer seine Familie lebte, wollte er keinesfalls. Der Mauerbau trennte die Familie endgültig. Der Lohn als Schneider war zwar damals kärglich, doch bald konnte er sich selbständig machen. 

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Seit dem 1. April 1967, dem Tag, als er beschloss, ein eigenes Atelier zu erwerben, ist Günter Adam in der Meinekestraße 6 als selbständiger Schneider ansässig. Zunächst erwarb Günter Adam für 3000 DM das Atelier im Nachbarladen des heutigen Geschäfts. 300 DM Miete, die er an den Eigentümer, die Allianz, zu entrichten hatte, waren hingegen günstig. Doch 1984 wurden sämtliche Wohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt. Auch die Ladenlokale mussten von den damaligen Inhabern übernommen werden. Günter Adam beschloss, den kleineren Nachbarladen zu kaufen, in dem er bis heute geblieben ist. Eine Entscheidung, die er nie bereut hat.

 

Im hinteren Teil seines Geschäftes, in dem sich das eigentliche Atelier befindet, fühlt sich der Verfasser dieses Artikels an seine ersten Berufsjahre erinnert - denn an der Stirnseite steht neben vielem anderen, scheinbar aus der Zeit gefallenen Gerätschaften, auch eine alte Pfaff-Nähmaschine. 

 

Und genau wie der Verfasser besitzt Günter Adam auch Humor. Nero Brandenburg erinnert sich gern an ihn als Hörer der RIAS- Schlagerparade. Seine Wertungen der einzelnen Titel schrieb Günter Adam stets auf eine DIN A4 Seite, faltete diese auf A5 und nähte dann alle vier Seiten zu - für Nero waren Günter Adams Briefe daher immer ein ganz besondere Freude. Mit ihm und seiner Frau Beate war er bald auch privat befreundet und ein gern gesehener Gast bei den Kellerpartys von Günter Adam in der Meinekestraße.

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Der Schneider der Stars. das Schaufenster des Ateliers von Günter Adam.

| Es traf sich gut, das sich gleich neben dem Atelier von Günter Adam ein Antiquitätengeschäft befand. So konnte Günter Adam bei einem Gang vor die Tür seiner privaten Leidenschaft unkompliziert nachgehen. 


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Der Schneider der Stars. Günter Adam hat in seinem Schaufenster die Fotos der Stars für die er schneiderte, ausgestellt.

| Außenansicht des Ateliers Meinekestraße 6 am letzten Öffnungstag. 

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3 | Keine Stoffhäuser mehr in Berlin

Günter Adam schneiderte Damenkostüme (Stückpreis ca. 1600 Euro), ebenso wie Herrenanzüge (1700 Euro), die er in der Regel mit mehrfacher Anprobe in ca. 4 Wochen fertigstellte. Doch mit der Zeit wurde es immer schwieriger, wirklich gute Stoffe für seine hohen Qualitätsansprüche zu bekommen. Einst gab es in Berlin, wie Günter Adam erklärt, sieben Stoffhäuser. Heute kein einziges mehr.

 

Ob Günter Adam auch das Stoffhaus, in dem einst die Großmutter des Verfassers als Direktrice arbeitete, kannte? Ja, natürlich. "Zimmerling", im Kaisereck an der Rankestraße Ecke Kurfürstendamm (heute H & M Moden), war damals als Nachfolger von Seiden - Michels ein Begriff. Denn in dem wohl exklusivsten Stoffhaus der Stadt gaben sich die Stars von Film und Bühne die Klinke in die Hand. Carl Zimmerling  schloss 1970 nach dem Tod seines Sohnes für immer seine Türen.

 

Günter Adam, dessen Tochter den Laden nicht übernehmen möchte, schloss nun am 20. Mai 2016 sein Atelier. Sein letzter Anzug, den er vor seinem gemeinsamen Sizilien - Urlaub mit Ehefrau Beate noch fertigt, geht an Max Raabe. Dann ist wieder eine traditionelle Berliner Modeinstitution für immer erloschen. 


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4 | Günter Adam im Video

Mit seinem Atelier schließt eine Institution. Unser Berlin ist wieder ein bisschen ärmer an traditionellen Geschäften geworden. Neues kommt hinzu, aber Vieles, das wir lange kannten, geht.

 

Und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass auch andere Vertreter der Medien Günter Adam einen Besuch abstatteten, mancher davon auch für ein Video-Interview...

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| Schneider Günter Adam. Beachten Sie: Ein Klick auf das Bild leitet Sie direkt weiter auf die Plattform YouTube. Dort kann es zur automatisierten Erhebung von Daten durch YouTube kommen. 

| Ich bin ein Berliner. Beachten Sie: Ein Klick auf das Bild leitet Sie direkt weiter auf die Plattform YouTube. Dort kann es zur automatisierten Erhebung von Daten durch YouTube kommen.