Das Thalia


Am Lankwitzer Thaliaweg

Das Thalia

Am Lankwitzer Thaliaweg

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Stadtteil Lankwitz


Vorgeschichte1

1 |  Das Thalia - Teil der Familiengeschichte

Bild und Text: Lutz Röhrig 

Das Thalia in der Lankwitzer Kaiser-Wilhelmstraße 71, Ecke Thaliaweg, gehört zu den wohl meistbesuchten Stadtteilkinos Berlins und kann durchaus auf eine bewegte Geschichte zurückblicken, an welcher neben einem namhaften Architekten auch ein Mitglied unserer Familie seinen Anteil haben sollte.


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Im Gegensatz zu den vielen Kinos, die es auch am südlichen Stadtrand Berlins einst gab, hat das Thalia die Zeit des großen Kinosterbens in den 1960er Jahren überlebt - und erfreut sich weiterhin großer Beliebtheit. 

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Berlin. Das Kino Thalia in Lankwitz. Blaue Hefte.

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Berlin. Das Kino Thalia in Lankwitz. Frontansicht.

| Zwischen zwei Wohnblöcken eingepasst: Front des Thalia - Kinos in Lankwitz. 

2 |  Das Capitol. Kinogeschichte bis 1943

1933 eröffnete der Vorgänger des heutigen "Thalia", das "Capitol", seine Türen. Es befand sich jedoch im Unterschied zum aktuellen Kino direkt an der Kaiser- Wilhelm- Straße auf dem Grundstück 88/90 zwischen Leonoren- und Bruchwitzstraße.

 

Das von Bruno Juhnke (der jüdische Unternehmer war auch Betreiber des Tempelhofer Tivoli) und dem Grundstücks- und Kinoeigentümer Ludwig Semotam betriebene, 950 Plätze fassende Capitol war von Anfang an für den modernen Tonfilm ausgerüstet worden. Es besaß zudem eine 45 qm große Bühne und war so nicht nur für Filmvorführungen, sondern auch für Theatervorstellungen geeignet. 1943 wurde das Capitol bei einem Bombenangriff vollständig zerstört.

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Berlin. Das Kino Thalia in Lankwitz. Seitenansicht.

| Seitenfront mit Schaukästen 

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Berlin. Das Kino Thalia in Lankwitz. Mit Blick aus Richtung Kaiser- Wilhelm - Straße.

| Seitenfront aus Richtung Kaiser- Wilhelm- Straße mit Schaukästen und Leuchtschrift 


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3 |  Wiederaufbau. Der Architekt Prof. Klaus Müller-Rehm

1953 beschloss die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft DeGeWo, zur Aufwertung ihrer zu diesem Zeitpunkt im Umkreis neu entstehenden 2000 Wohnungen wieder ein Kino in Lankwitz zu errichten. Hierzu wurde eine Baulücke am bereits seit 1930 bestehenden, von der Kaiser- Wilhelm - Straße abzweigenden Thaliaweg 17a ausgewählt. 

 

Um die an sich ungünstige Lage an dem lediglich als Fußweg zu den umliegenden Wohnungen dienenden Anliegerstraße wenigstens teilweise auszugleichen, markierte man den Abzweig von der Kaiser- Wilhelm- Straße mit Schaukästen, die auf das Kino und seinem Programm hinweisen. Bauherr und Inhaber des für 708 Plätze geplanten Kinos war der Braunschweiger Kinobetreiber Heinrich Seinke, Inhaber der Gloria- Theater- Gesellschaft mbH.

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Berlin. Das Kino Thalia in Lankwitz. Glasvorbau.

| Der gläserne Vorbau des Kinos bei Dunkelheit 


Berlin. Das Kino Thalia in Lankwitz. Schaukasten.

| Schaukasten an der Kaiser-Wilhelm - Straße / Thaliaweg. 

Als Architekt konnte der Berliner UdK – Professor Klaus Müller-Rehm für das Projekt verpflichtet werden. Müller-Rehm, welcher unter anderem bei Heinrich Tessenow und Hans Poelzig an der TH Charlottenburg studiert hatte, gehörte im Bereich des Wohnungsbaus zu den namhaftesten Berliner Architekten der 1950er Jahre. Durch Max Taut an die Hochschule der Künste berufen, hatte Müller–Rehm zudem maßgeblichen Einfluss auf Forschung und Lehre vor allem im Bereich des Wohnungsbaus.

 

Für die Berliner Interbau im Hansaviertel entwarf er im Jahr 1957 zusammen mit dem Architekten Gerhard Siegmann das "Junggesellenhaus“, das ein von ihm entworfenes Sicherheitstreppenhaus erhielt. Eine Maßnahme, die Eingang in die Bauordnung fand und seitdem zum Standard im Hochhausbau gehört. 

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4 |  Familiengeschichte. Heino Arnold

1957 trat als Geschäftsführer Heino Arnold in das Thalia ein, welcher nach dem Ausscheiden H. Seinkes schließlich 1962 das Kino übernahm.

 

In den Familienüberlieferungen hat sich der Hinweis erhalten, das eine heute als Notausgang dienende Treppe vom damaligen Kinosaal (nach Aufteilung heute im kleinen Saal) in das Nachbarhaus führte, um so dem ältesten Sohn des Inhabers einen bequemen Zugang zu seiner Privatwohnung zu ermöglichen.

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Berlin. Das Kino Thalia in Lankwitz. Kleiner Kinosaal.

| Kleiner Kinosaal mit der als Notausgang dienenden "Schlupftreppe" zur einstigen Wohnung der Familie Arnold jun. im Nachbarhaus 


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Berlin. Das Kino Thalia in Lankwitz. Glausvorbau Innenraum.

| Glasvorbau mit Bruchstein - Bodenplatten. Ein Relikt aus den 1950er Jahren. 

5 |  Krise und Umbau

1969 erfolgte ein weiterer Eigentümerwechsel. Doch langsam begann sich die allgemeine Krise der Kinos auch auf das Thalia auszuwirken. 1979 stand das Kino schließlich vor dem Aus. Vor die Wahl gestellt, das Kino zu schließen oder es einem umfassenden Umbau zu unterziehen, entschloss sich der damalige Kinobetreiber Peter Vollmann, das Kino ab 1980 komplett umzugestalten.

 

Das Kino erhielt durch den Umbau statt der zwei großen nun vier kleinere Säle, die, einem allgemeinen Trend folgend, eine wirtschaftlich bessere Ausnutzung des Raumangebotes versprachen. Saal 1 erhielt dabei 238 blau gepolsterte Kinosessel, der kleine Saal 2 lediglich 20 rote Kinosessel, Saal 3 91 dunkelgraue Kinosessel und Saal 4 57 Plätze. Im Foyer entstand zudem ein kleiner Einkaufsmarkt, an dem heute nur noch eine Glaswand erinnert.

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6 |  Das Lankwitzer Thalia heute

Inzwischen zeigt sich das Thalia in einer erneut modernisierten Form, die offenbar auch beim Publikum ankommt. Hinzu kommt ein attraktives Filmangebot, zu dem überwiegend neuesten Hollywood - Produktionen zählen. Seit 1998 wird das Thalia von Peter Wagner (Kino Trend FTB) und seinem Theaterleiter Emanuel Fernandes betrieben. 

 

Meine Lebenspartnerin, die im Thalia auf den Spuren Ihres Großvaters wandelte, sowie ihr jüngster Sohn und auch der Autor dieser Zeilen nahmen die Marvel - Verfilmung des "Doktor Strange" zum Anlass, einen gemütlichen Kinoabend zu erleben. Und ja, unsere Erwartungen sind sowohl im Hinblick auf das Kino als auch auf dem Film voll erfüllt worden...

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Berlin. Das Kino Thalia in Lankwitz. Vorhalle.

| Der heutige Wartebereich im Foyer. Die alten Bruchsteinplatten stammen noch aus der Erbauungszeit.