Tunnelweg Blankenfelde
Bestand, Abbruch und Neubau 2022- 23
Die Dresdner Bahn - Folge 2
Tunnelweg Blankenfelde
Bestand, Abbruch und Neubau 2022-23.
Bahnstrecke1
1 | Vorgeschichte. Eine Bahnstrecke wird geteilt
Bild und Text: Lutz Röhrig
Lange vor dem Bau der Berliner Mauer zeichnete sich die geplante Trennung bereits im Schienenverkehr ab. Denn eine der diese Trennung ermöglichende Maßnahme war der Bau des Berliner Außenrings, der es ermöglichte, die im Westteil der Stadt liegenden Eisenbahnstrecken zu umfahren und die dortigen Fernbahnhöfe stillzulegen. Mit der Fertigstellung des Berliner Außenrings im Jahr 1951 war es der auf Grund einer alliierten Bestimmung auch für den Westteil der Stadt verantwortlichen DDR-Reichsbahn somit möglich, auch die Züge der Dresdner Bahn über eine eigens errichtete Verbindungskurve zum Ostbahnhof umzuleiten. Der traditionelle End- und Ausgangspunkt dieser Strecke, der "Anhalter Bahnhof", verlor damit jegliche verkehrliche Bedeutung.
Lediglich die S-Bahn setzte ihre Fahrt über Lichtenrade hinaus bis nach Rangsdorf weiter fort, ehe auch diese grenzüberschreitende Verbindung mit dem Mauerbau 1961 eingestellt wurde. Die Dresdner Bahn war nun zweigeteilt. Für den Westteil der Stadt endete bzw. begann nun der S-Bahnverkehr in Lichtenrade, für die Brandenburger Seite in Mahlow.
| Blick von der Erich-Klausener-Straße in Richtung des Fußgängertunnels unter der S-Bahn am 25. Oktober 2020. Kinder der benachbarten Schulen haben die trostlose Unterführung mit Zeichnungen aus der "Sendung mit der Maus" versehen, worauf auch die Graffiti-Überschrift "Der Maulwurf hilft der Maus" anspielt. Insgesamt machte das Bauwerk, dessen Tage bereits gezählt waren, einen doch eher "überarbeitungswürdigen" Eindruck.
Von Mahlow aus verkehrte zunächst noch die S-Bahn im Inselverkehr bis Rangsdorf, welcher aber zum 9. Oktober 1961 wegen fehlender Wartungsmöglichkeiten eingestellt wurde. Wer von hier nach Berlin fahren wollte, der musste zunächst mit einem Pendelzug zum Bahnhof Blankenfelde fahren, um von dort über Schönefeld in Richtung Ost-Berlin zu gelangen, von wo auch der Fernverkehr in Richtung Dresden nunmehr seinen Ausgang nahm oder endete.
Die Strecke nach Dresden geriet innerhalb der bis 2003 noch selbständigen Gemeinde Mahlow mit ihrem untergeordneten Pendelbetrieb und der Nähe zur Grenze in eine betriebliche Randlage. Auf West-Berliner Seite verblieb für den Personenverkehr lediglich noch der S-Bahn bis nach Lichtenrade, auch hier spielte die einstige Fernbahnstrecke nur noch eine Rolle für die wenigen Anschließer des Güterverkehrs, zu denen etwa Mercedes-Benz in Marienfelde oder ein Spannplattenwerk an der Motzener Straße gehörten. Vorbei die Zeit, als man mit dem Henschel-Wegmann-Zug in 100 Minuten vom Anhalter Bahnhof nach Dresden fahren konnte - ein bis heute nicht mehr erreichter Wert. Bisher...
Es entstand auf beiden Seiten der Berliner Mauer jene "Idylle", die ich mit meiner Kamera festhielt, wohlwissend, dass dieser Zustand nicht mehr lange andauern würde. Denn es war klar, dass mit dem Wiederaufbau der Dresdner Fernbahn erhebliche Veränderungen eintreten würden. So sind etwa die technischen Anforderungen an eine moderne Fernbahnstrecke heute andere als noch in früherer Zeit.
Tunnelweg2
2 | Bahnanlagen Tunnelweg
Als Folge des vor dem Krieg zwar begonnenen, aber letztlich eingestellten viergleisigen Ausbaus des bis dahin zweigleisigen, nur über die S-Bahngleise verlaufenden Fernverkehrs nach Dresden mussten hier nunmehr weitreichende Arbeiten durchgeführt werden, die in der Konsequenz letztlich einem Neubau der Strecke entsprachen. So sollten auf Berliner Gebiet eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km erzielt werden, auf Brandenburger Gebiet sogar von 200 km. Gemäß den gelten Vorschriften waren somit sämtliche, noch mit Schranken versehene Bahnübergänge durch Tunnel- oder Brückenbauwerke zu ersetzen.
Von diesen Maßnahmen war auch der die Erich-Klausener-Straße mit der Moselstraße verbindende Tunnelweg in Blankenfelde betroffen. Diese insbesondere für die Schüler der umliegenden Grundschulen wichtige Verbindung bestand aus einem nur wenige Meter langen, unter dem S-Bahngleis hindurchführenden Fußgängertunnel und zwei mit Halbschranken versehenen, ebenerdigen Bahnübergängen, die gleichfalls nur Fußgängern vorbehalten waren.
Der angestrebte kreuzungsfreie Ausbau der Dresdner Bahn erforderte den Ersatz der beiden Bahnübergänge durch einen am Moselweg unmittelbar neben der Gaststätte "Schmidts" beginnenden, unter den Bahngleisen verlaufendes Trogbauwerk für Fußgänger und Radfahrer. Die Tieflage und der erweiterte Querschnitt (4,80m) des neuen Trogbauwerks bedeutete aber zugleich auch den Abbruch der ohnehin baufälligen Unterführung unter dem S-Bahndamm. Die Arbeiten begannen 2021, der Abbruch und der Neubau der Unterführung unterhalb der S-Bahn erfolgte während der Sperrpause der S-Bahn nach Blankenfelde zwischen dem 4. April 2022 und wurden bis zum 17. April 2023 beendet.
| Blick vom Gleis der Verbindungskurve zum Berliner Außenring in Richtung der Erich-Klausener-Straße (durch den Fußgängertunnel hindurch) am 25. Oktober 2020. Über den Tunnel fährt ein S-Bahnzug der Baureihe 481. Ein Kuriosum waren die beiden dem Fußgängertunnel folgenden beschrankten Bahnübergänge, die auf Grund des großen Abstands des Gleises der Verbindungskurve zu den beiden Streckengleisen nach Schönefeld notwendig waren.
| Blick in Richtung der Moselstraße und der Gaststätte "Schmidts" (gelbes Gebäude). Im Vordergrund die Schrankenanlage des Verbindungsgleises zum Berliner Außenring (auch "Potsdamer Kurve" genannt) dahinter die zweite Schrankenanlage der drei Gleise von und nach Schönefeld. Aufnahme vom 25. Oktober 2020.

| Nochmals, mit größerem Abstand, der Blick zum Fußgängertunnel und der Schrankenanlage der Verbindungskurve zum Berliner Außenring. Am 25. Oktober 2020 verkehrte hier noch die Regionalbahnlinie RE 5 in Richtung Berlin (über den Außenring und der Anhalter Bahn), bzw. in Richtung Wünsdorf-Waldstadt sowie der IC nach Prag.
| 28. August 2022. Aus Richtung Moselstraße hat sich das neue Tunnelbauwerk bereits bis an das noch zu errichtende Brückenbauwerk der S-Bahn herangeschoben. Die Sauberkeitsschicht dafür ist bereits im Vordergrund zu sehen. Über prov. eingeschobene Stahlträger rauscht derweil ein IC2 in der neuesten Version (zugelassen für 200 km/h).
| Am 19. Februar 2023 ist das neue Brückenbauwerk der S-Bahn bereits im Rohbau fertiggestellt. Lediglich der darüber verlaufende Bahndamm muss wieder zur alten Höhe aufgeschüttet werden. Die Zeit drängt, den für den April ist die Wiederaufnahme des S-Bahnverkehrs zwischen Mahlow und Blankenfelde vorgesehen.
Einweihung3
| Vor der obligatorischen Durchtrennung des "Roten Bandes" an der Erich-Klausener-Straße: Schülerinnen der benachbarten, besonders vom neuen Tunnel profitierenden Schulen halten das Band, während Bahn-Projektleiter Marcus Reuner den interessierten Anwohnern Details der bereits geleisteten Arbeit um Wiederaufbau der Dresdner Bahn erklärt.
3 | Die Einweihung der neuen Unterführung
Am 30. Juni 2023 war es dann soweit: Nach rund eineinhalbjähriger Bauzeit wurde die neue Unterführung im Rahmen einer kleinen, den unmittelbaren Anwohnern vorbehaltenen Feier eröffnet. Pünktlich um 14 Uhr wurde durch Marcus Reuner, Projektleiter für den Wiederaufbau der Dresdner Bahn, Michael Schwuchow, Bürgermeister der Gemeinde Blankenfelde-Mahlow und Ortsvorsteherin Hannelore Pappschick das durch zwei Schülerinnen gehaltene "Rote Band" an der Erich-Klausener-Straße durchschnitten.
Im Anschluss standen neben Marcus Reuner und insbesondere Michael Schwuchow den interessierten Bürgern für weitere Fragen zur Verfügung. Als kleine Entschädigung für die durch die Baumaßnahmen erlittenen Unannehmlichkeiten hatte die Bahn zudem ein Buffett aufgebaut, an dem man bei Bratwurst, Spießen und Salaten sowie Getränken miteinander ins Gespräch kommen konnte. Viele nutzten zudem die Gelegenheit, die neue Unterführung nun erstmals persönlich in Augenschein zu nehmen.
Die übrigen Baumaßnahmen entlang der Dresdner Bahn werden indes weitergehen. Im November 2023 soll der neue Bahnhof Blankenfelde zumindest teilweise in Betrieb gehen. Und bereits im September 2023 wird die neue Teltowkanalbrücke in ihre endgültige Position verschoben werden. Es wird noch viel geschehen, bis im Jahr 2025 erstmals Fernzüge bis zum Bahnhof Südkreuz fahren können...