Moebius Strips
Alter Wasserturm Prenzlauer Berg
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Bild und Text: Lutz Röhrig
1 | Vorgeschichte. Die "Berliner Schule"
Berlin gilt als einer der Geburtsorte der elektronischen Musik. Im Kellerraum einer Berufsschule für Friseure entstand 1968 das „Electronic Beat Studio“, in dem jugendliche Musikenthusiasten unter der Leitung von Thomas Kessler und mit Hilfe der ersten Synthesizer jenen psychodelischen Sound schufen, der eine ganze Ära prägen sollte. Hier wurden Bands wie „Tangerine Dream“, „Agitation Free“ oder „Ash Ra Tempel“ gegründet, die den Sound der „Berliner Schule“ in der ganzen Welt bekannt machen sollten.
Seit der Einweihung der Gedenktafel durch Bernd Kistenmacher (und der finanziellen Unterstützung durch den Hollywoodkomponisten Hans Zimmer) im Dezember 2020 für das heute nicht mehr bestehende "Electronic Beat Studio", bei der ich dabei sein durfte, ist das Thema „elektronische Musik“ und deren Geschichte regelmäßig auf zeit-fuer-berlin.de vertreten. Denn so bedeutend, wie Berlin für die Entwicklung der elektronischen Musik auch gewesen sein mag, der Berliner selbst hat davon meist „nichts gehört oder gar mitbekommen“…
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1 | Das "Zodiak Free Lab"
Ein weiterer wichtiger, doch im Gegensatz zum „Electronic Beat Studio“ nur kurzlebiger Ort aus den Anfangstagen der elektronischen Musik war das von Conrad Schnitzler (Tangerine Dream) und Hans-Joachim Roedelius gegründete „Zodiak Free Alt Lab" am Halleschen Ufer in den Proberäumen der damals dort ansässigen „Schaubühne“. In dem von 1967 – 69 bestehenden Studio begegnete Hans -Joachim Roedelius u. a. auch dem Musiker Dieter Moebius, mit dem er die bekannte Formation „Kluster" gründete. Moebius wurde im Laufe der Zeit zu einem der wichtigsten experimentellen Musiker, dessen Einfluss bis heute anhält.
Diesem Einfluss von Dieter Moebius und seiner musikalischen Partnerschaft zum Grammy-nominierten US-amerikanischen Komponisten Tim Story ist auch die Europäische Erstaufführung des von Tim Story komponierten Werkes „Moebius Strips“ am 12.7.2025 in Berlin im alten Wasserspeicher Prenzlauer Berg zu verdanken. Tim Story möchte mit seiner Komposition an Dieter Moebius erinnern. Tim Story hat für dieses Projekt tausende von Moebius’ Klängen, Geräuschen, Samples und Loops neu arrangiert, um eine umfassende musikalische Hommage zu schaffen. Das spektakuläre Lichtdesign stammt hingegen von Rio Theis.
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1 | Die "Moebius Strips" und Tim Story
Klar, dass ich angesichts dieser musikalischen wie musikhistorischen Verbindung den Weg nach dem Prenzlauer Berg zusammen mit meiner Partnerin unbedingt antreten musste. Umso mehr, als gegenüber eines unserer Lieblings – Restaurants, das Pasternak, liegt. Dass wir während des Restaurantbesuches auch die bekannte amerikanische Musiklegende Patti Smith begegnen sollten, ist eine ganz andere Geschichte…
In den „Moebius Strips“ wurden acht kurze elektronische „Strips“ integriert, die von einer Gruppe internationaler Künstlerinnen und Künstler geschaffen wurden. Dazu gehören Geoff Barrow (Portishead), Sarah Davachi, Jean-Benoit Dunckel (Air), Mark Mothersbaugh (Devo), Michael Rother (Harmonia), Hans-Joachim Roedelius (Cluster, Harmonia), Felix Kubin und weitere, die von Moebius beeinflusst worden sind oder mit ihm zusammengearbeitet haben. Für die Europa-Premiere der Audio-Installation in Berlin hat die Komponistin Hanna Hartman (Villa Aurora Stipendiatin 2010) einen eigenen Strip beigesteuert.
Es war ein beeindruckendes musikalisches wie visuelles Erlebnis, dass sich uns in den alten Gewölben des ehem. Wasserspeichers bot. Eine kameratechnische Herausforderung zwar, wenn man an die dunklen Gewölbe denkt, aber was tut man nicht alles, um die Eindrücke wenigstens optisch festzuhalten. Ganz besonders gefreut hat mich zudem das kurze Gespräch, das ich mit dem Komponisten Tim Story führen durfte.
| Der zentrale Mittelraum des alten Wasserreservoirs mit den Lautsprechern der Musikinstallation.