Lothar Uebel
Büro mit dem historischen Gedächtnis
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1 | Lothar Uebel und sein "Uebel-Büro"
Bild und Text: Lutz Röhrig
Wir kennen uns - ohne uns wissentlich begegnet zu sein - über die sozialen Medien schon lange, da wir beide die Geschichte Berlins und der hier ansässigen Unternehmen zum Thema haben: Lothar Uebel, Inhaber des „Uebel – Büros“ und ich als Autor des Internetportals Zeit für Berlin (ZfB).
Sein „Büro mit dem historischen Gedächtnis“, dessen Markenzeichen daher nicht ohne Grund ein Elefant ist, da diesem ein außergewöhnliches Gedächtnis nachgesagt wird, beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit Auftragsarbeiten für Wohnungs- und Baugesellschaften sowie Unternehmer, welche die Geschichte ihrer Häuser und Firmen in möglichst ansprechender Weise als Buch oder Broschüre dargestellt wissen wollen.
Diesem Wunsch nach Anspruch kann Lothar Uebel nicht nur aufgrund seines Studiums, sondern auch in handwerklicher Hinsicht durch seine einstige Arbeit für den wissenschaftlichen Verlag Walter de Gruyter & Co., wo er mit der Erstellung und Gestaltung von Buchprojekten beschäftigt war, in besonderer Weise gerecht werden. Seine Bücher zeichnen sich daher durch eine hohe handwerkliche Qualität sowohl in der graphischen Gestaltung des Inhalts wie auch in der Verarbeitung des Einbands aus. Stoffbezug des Buchrückens, Kapitelband, Fadenbindung oder ein farbiger Vorsatz sind daher oft bei seinen Büchern anzutreffen.
Durch die bisweilen thematische Übereinstimmung unserer Arbeit ergaben sich zwischen Lothar Uebel und mir unverhoffte Berührungspunkte, auf die wir jedoch erst - zur gegenseitigen Verblüffung - bei der Veröffentlichung des jeweiligen Buch- oder Internetprojektes aufmerksam wurden.
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2 | Berührungspunkte in der Stadthistorie
Einen dieser „Berührungspunkte“ bildete meine Arbeit über die Geschichte der ehemals größten Berliner Weinspedition, der Fa. Albert Mann, die bis 1987 mit ihrem riesigen, zweimal die Woche von einem Güterzug angefahrenen Speditionsschuppen am S-Bahnhof Yorckstraße ansässig war. Da die Lagermöglichkeiten auf dem alten Bahngelände jedoch in den 1950er Jahren nicht mehr ausreichend waren, erwarb das Unternehmen 1955 große Teile der alten Bockbierbrauerei in der Fidicinstraße samt den zugehörigen alten Weinkellern.
Doch während meine Arbeit über die Fa. Albert Mann im Grunde mit der Aufgabe des Speditionsbetriebs und der Weiterführung als Immobilienunternehmen auf dem Brauereigelände endete, setzt Herrn Uebels Arbeit hier an. Im Auftrag der auf dem alten Brauereigelände derzeit (2025) Wohnungen und Gewerberäume errichtenden Bauwert AG beschreibt er die Geschichte des Standortes bis hin zu den neuen Bauprojekten. Bei der Suche nach ergänzenden Informationen kam daher oft die Gegenfrage, "ob ich den Herrn Uebel kennen würde..?"
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| Irgendwann einmal eher zufällig bei einem Spaziergang im damaligen Büro von Lothar Uebel in der Fidicinstraße gekauft: Die Broschüre: "Am Berg gebaut. Über hundert Jahre Chamissokiez". Die in Kurzform die Geschichte des "Chamissokiezes" abhandelnde Broschüre entstand im Auftrag des "Mieterrates Chamissoplatz 1994".
3 | Ein Treffen in Kreuzberg
Und so war es einmal an der Zeit für ein gemeinsames Treffen zwischen Herrn Uebel und mir. Dabei stellte sich zufällig heraus, dass ich ihm auch einmal Jahre zuvor in seinem damaligen Büro in der Fidicinstraße begegnet sein muss, als ich die Broschüre „Am Berg gebaut“ hier spontan nach einem Blick ins Schaufenster gekauft hatte.
In seinem heutigen Büro in der Kreuzberger Fontanepromenade fühlt man sich als geborener Kreuzberger gleich an der richtigen Adresse: In einer Ecke steht ein hohes Regal mit seinen bisher erschienenen Publikationen, die Lothar Uebel im Auftrag von Unternehmen, Stiftungen oder Museen erstellt hat – und die sich mehrheitlich mit Gebäuden oder Firmen im heutigen Stadtteil Kreuzberg befassen.
Denn auch Lothar Uebel ist mit dem Bezirk schon seit Jahrzehnten verbunden. 1951 geboren in der Gubener Straße in Friedrichshain, wagten 5 Jahre später seine Eltern den Umzug nach West-Berlin. Die Mauer stand noch nicht und so war es unter gewissen Erschwernissen aufgrund spontaner Kontrollen im Grenzbereich noch möglich, in den Westen zu gehen. Allerdings durfte man sich nicht dabei erwischen lassen, wenn man wie Lothar Uebels Eltern bei diesen Grenzgängen – eigentlich meist nur dem Überqueren einer Straßenseite von Ost nach West - auch die wichtigsten Wertgegenstände im Kinderwagen versteckt heimlich in den Westen schmuggelte. Wohnte Lothar Uebel auch zunächst mit den Eltern im Bezirk Charlottenburg, so war denn seine erste Wohnung, die er mit dem Beginn seines Studiums 1971 bezog, im damaligen Bezirk Kreuzberg – der günstigen Miete wegen.
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4 | Biographisches - und ein Ausblick
Das 1977 schließlich abgeschlossene Studium der Kunstpädagogik und der Politischen Wissenschaften war eine im Grunde ungewöhnliche Fächerkombination, die sich jedoch bei der späteren Beschäftigung mit lokalhistorischen Themen für Lothar Uebel als hilfreich erwies und schließlich zu einem Alleinstellungsmerkmal wurde. Durch seine Tätigkeit ab 1979 für den wissenschaftlichen Verlag Walter de Gruyter & Co. erwarb er sich zudem Kenntnisse in der Gestaltung und Erstellung von Buchprojekten, die es ihm während der späteren Selbständigkeit ermöglichten, seinen Auftraggebern die gesamte Bandbreite - von der historischen Recherche bis hin zum fertigen Buchprojekt - anbieten zu können, die inhaltlich auch in Bezug zu kunsthistorischen und politischen Themen stehen durften.
Das Thema „Internet“ hingegen, das ab den 2000er Jahren eine immer größere Rolle spielt, bindet Lothar Uebel nicht in seine Auftragsarbeiten ein, zumal es bis heute auch zu wenige Internetseiten gibt, welche geschichtliche Themen als Ergebnis einer genauen Recherchearbeit darstellen. Meist seien es nur kurzgehaltene Zusammenfassungen längst bekannter Inhalte. Von meinem Projekt „zeit-fuer-berlin.de“ sei er dagegen sehr angetan. Denn vergleichbare Seiten im lokalhistorischen Bereich, die Themen bis in die Tiefe recherchieren und dann mit ausführlichen Text- und Bildmaterial veröffentlichen, gäbe es kaum.
Was ihn persönlich angeht, so möchte Lothar Uebel nun aus privaten Gründen und aufgrund seines Alters beruflich kürzertreten. Seit 1978 beschäftige er sich, damals angeregt durch den sich gründenden Mieterrat Chamissoplatz, mit der Berliner Lokalgeschichte. Ein Interesse, das er ab 1983 und aufgrund seiner Beteiligung am Projekt „Kreuzberg 1933“, eine Ausstellung zum Jugendalltag in den 1930er Jahren der Galerie am Chamissoplatz, zum Beruf werden ließ.
Lothar Uebel veröffentlichte Beiträge zur Stadthistorie und war als fachlicher Berater bei Ausstellungs- und Buchprojekten tätig. 1992 gründete er schließlich sein „Büro mit dem historischen Gedächtnis“, in dem er freiberuflich historische Projekte komplett von der Recherche bis zur Produktion ausführte. Von 1998 bis 2001 betrieb Lothar Uebel sein Büro in der Fidicinstraße 12, ehe er dieses in die Fontanepromenade 9 verlegte. Seit 1992 sind rund 30 veröffentlichte Publikationen erschienen sowie rund 20 unveröffentlichte Privatdrucke.
Eine Bitte, so teilte er mir zum Schluss meines Besuches mit, hätte er noch an meine Leser: Sein großes historisches Archiv zur Geschichte Kreuzbergs möchte er gern an Interessierte verkaufen. Über ausreichend Platz allerdings sollte man verfügen…
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5 | Veröffentlichungen und Ausstellungen (Auswahl)
1985 Publikation „Viel Vergnügen“ (Dirk Nishen Verlag)
1996 Publikation „Rixdorfer Vergnügen“ (Bauwert GmbH)
1996 Broschüre „Vom Hofjäger zur Villa Hasenheide“ (Immobilienwerke GmbH)
1999 Publikation „Mitten in der Dorotheenstadt“ (Bauwert GmbH)
2000 Festschrift für Karstadt am Hermannplatz
2001 Publikation über die Geschichte von Wohnungsumzügen (Zapf Umzüge)
2003- 23 Betreuung von zwei privaten Familienarchiven
2004 Publikation „Offenes Buch Hausvogteiplatz“ (Bauwert GmbH)
2006 Broschüre über die Altstadt Lübbenau (Stadt Lübbenau/Spreewald)
2008 Texttafeln für einen Stadtrundgang durch die Altstadt Charlottenburg
(Kunstamt Charlottenburg)
2009 Broschüre über den Steglitzer Titania-Palast (AG für Haus- und Grundbesitz)
2009 Publikation über die Industriespree zwischen Oberbaum- und Jannowitzbrücke (Anschutz GmbH)
2011 Publikation „Friedrichswerder am Schloss“ (Bauwert GmbH)
2014 Publikation „Ein Fabrikgelände am Teltowkanal“ (DIBAG Industriebau AG)
2015 Publikation „Die Grafen zu Lynar“ (Gräflich zu Lynarsche Schlossverwaltung GbR)
2016 Broschüre über das Jagdschloss Groß Beuchow (Corvus Group GmbH)
2020 Publikation „Hasenheide 13“ (Jovis Verlag)
2023 Publikation „Berliner Elefantenmarke“ über die Geschichte der Likörfabrik Mampe (mit Marcellinus Prien für BeBra Verlag)
2024 Publikation „Bockvergnügen am Kreuzberg“ (Bauwert AG)
2024 Broschüre „Eine Villa als erstes Domizil“ (Unionhilfswerk Berlin)
2025 Biografie über den Umzugsunternehmer Klaus E. H. Zapf
(mit Tillmann Schrader für Zapf AG)







