Das Lahn-Eck
Karl-Marx-Straße 271
Einleitung1
Ein Hauch des alten Berlins
Bild und Text: Lutz Röhrig
Schon lange wollte ich es einmal besuchen: Das Lahn-Eck an der Ecke Lahn- und Karl-Marx-Straße. Doch wie es so ist: man hat nicht immer hierzu die Gelegenheit. Erst eine Projekt über die ehem. Gleisanschlüsse der einstigen Neuköllner Industriebahn (heute Industriebahn-Gesellschaft Berlin, IGB) führten mich wieder in die Gegend rund um die Lahnstraße- und in das scheinbar aus der Zeit gefallene Lahn-Eck.
Über 100 Jahre ist das Lokal schon alt und hat die einst typische Alt-Berliner Eckkneipen-Atmosphäre bewahrt. Die Wände tragen noch die alte Holzverkleidung, die Decken ihren dunkel übertünchten Stuckbesatz.
| Die alte, hölzerne Wandvertäfelung und der heutzutage dunkelbraun, getünchte Deckenstuck erinnern an eine Zeit, als Eckkneipen noch so etwas wie ein zweites Wohnzimmer waren. Man ging in Pantoffeln mal eben runter auf ein "Herren-Gedeck" (Ein Bier und ein Gläschen Korn) oder einem Persiko (Kirschlikör).
Die Wände zieren Bilder aus der Geschichte des Lahn-Ecks. Das Lokal ist überaus geräumig und verfügt über zahlreiche Plätze, die vor allem an den Bingo-Abenden oder dem Eisbein-Essen voll besetzt sind.
Einst mögen hier die Arbeiter der umliegenden Betriebe hier zu Gast gewesen sein, zu denen durchaus prominente Namen wie der Karosserie-Hersteller Gaubschat, der u. a. bis Anfang der 1980er Jahre die Doppeldecker der BVG herstellte oder die Norddeutschen Kabelwerke gehörten. Aber auch so mancher Hafenarbeiter der beiden Neuköllner Häfen mag seinen Weg hierher gefunden haben.
Den alten Unterlagen zufolge muss das Gebäude an der Lahnstraße 1 Ecke zur damaligen Bergstraße 97–98 (die Bergstraße wurde am 31.7.1947 in Karl-Marx-Straße umbenannt) um 1906 entstanden sein.
Die zunächst hier ansässige Butterhandlung eines gewissen O. Breul hielt sich offenbar nicht lange, da schon im Adressbuch von 1908 ein Gastwirt F. Rückert eingetragen ist – offenbar der Begründer einer langen Kneipentradition in dem Gebäude.
Ab 1933/34 wird die Wirtschaft von einem Friedrich Duschek betrieben, der mit seiner Familie und einigen "Servicekräften", wie man heute sagen würde, auch auf dem nebenstehenden Foto abgebildet ist. Vielleicht ist das Bild auch aus Anlass der Eröffnung der Gaststätte entstanden.
Ein kurzer Blick zum Tresen, eine freundliche Bedienung serviert mir den bestellten Kaffee. Gern darf ich ein paar Fotos für meine Internetseite machen. Im Handumdrehen ist man daraufhin auch im Gespräch mit zwei Stammgästen, die sich aus dem Raucherhäuschen zu Wort meldeten und über alte Zeiten reden. Zeiten, in denen die Karl-Marx-Straße noch eine Fülle altehrwürdiger Traditionsgeschäfte wie etwa Musik-Bading, Koffer-Panneck oder das Floristikfachgeschäft Blumen-Jette besaß.
Mit Sicherheit wird mich mein Weg noch des Öfteren in die Karl-Marx-Straße führen, an deren Ende unter der Bahnbrücke hindurch eine typische Alt-Berliner Kneipe auf mich wartet.
| Man sieht sie förmlich vor einem stehen: all die Industriearbeiter aus den längst verschwundenen Handwerksbetrieben und Fabriken der Umgebung, die einst hier ihr Bierchen hoben und sich, nicht anders als heute, über die Zeiten, Politik, Ehe, Kinder und all die großen und kleinen Themen des Lebens unterhielten...








