Schiff Spezial 1


Brückenprüfschiff Argusauge

Schiff Spezial:

Brückenprüfschiff Argusauge

Berlins Brücken sind marode

Bild und Text: Lutz Röhrig 

Jedes Berliner Brückenbauwerk wird nach entsprechenden Vorschriften in regelmäßigen Zeitabständen überprüft. Etwa 2100 Ingenieurbauwerke gibt es in Berlin, die einer regelmäßigen Überprüfung unterliegen. Hierzu zählen Straßenbrücken über Eisenbahngleise und Parkanlagen ebenso wie jene, welche Berlins zahlreiche Gewässer kreuzen.


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Das Berlins Gewässerbrücken dabei zahlenmäßig die von Venedig übertreffen, ist ein vielzitiertes Bonmot - und lässt die gewaltige Aufgabe ansatzweise erahnen, vor der die Prüfer Jahr ein Jahr aus stehen. Hinzu kommt, dass viele Brücken inzwischen Ihre Lebensgrenze erreicht haben und daher besonders häufig - im Schnitt alle drei Monate - überprüft werden müssen. 

Brückenprüfschiff Argusauge am Tempelhofer Ufer.

| Die Backbordseite der "Argusauge" beim Ablegen vom Schöneberger Ufer am Landwehrkanal. Gut zu sehen der Teleskoparm mit dem Korbausleger sowie das Beiboot. 

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Brückenprüfschiff Argusauge an der Köthener Brücke.

| Die "Argusauge" am Schöneberger Ufer. Links die ehem. "Reichsbahndirektion Berlin" (später Bombardier Transportation, heute Polizei- und Sicherheitsbehörden). Dahinter die alte Köthener Brücke sowie die Brücke der Hochbahn. 

Insgesamt wird der Sanierungsbedarf auf mehrere hundert Millionen Euro geschätzt. Viele Brücken müssten eigentlich umgehend ausgewechselt werden. Angesichts knapper Haushaltskassen versucht man jedoch, durch einen häufigeren Prüfmodus und eine Tempo- und Gewichtsbegrenzung des Oberflächenverkehrs deren Lebensdauer zu strecken. Eine wertvolles Hilfsmittel ist angesichts dieser Sisyphusarbeit für Berlins Brückenprüfer das Brückenprüfschiff "Argusauge".

 

Eigens für die Überwachung von Brücken über "Gewässern 1. Ordnung" konzipiert, verfügt das 21,11 m lange und 6,38 m breite Spezialschiff neben einer Hebebühne und einem absenkbaren Führerstandshaus (wegen der niedrigen Brücken z. B. im Bereich des Landwehrkanals) über zahlreiche Spezialgeräte zur Untersuchung von Stahl- und Betonbrücken. Erbaut wurde das Spezialschiff 1979 von der "Deutsche Industrie - Werke GmbH (DIW) in Berlin Spandau. 

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Ursprüngliche Basis des Schiffes war das 1978 - 1980 durch Rainer G. Rümmler erbaute Gebäude der ehem. Brückenmeisterei an der Moabiter Seestraße. Rainer G. Rümmler, der vor allem durch die z. T. außergewöhnliche Architektur der von ihm für die Berliner Verkehrsbetriebe errichteten U- Bahnhöfe bekannt geworden ist, hatte das Gebäude in der für ihn typischen Pop-Art Manier entworfen. 

 

Hier waren u. a. auch die Fahrzeuge der Brückenmeisterei untergebracht, für die im Gebäude auch Wartungsmöglichkeiten bestanden. Für die "Argusauge" hatte man zudem eine spezielle Anlegestelle errichtet. Mit der Stilllegung der Brückenmeisterei 2006 und der Abgabe der Argusauge an ein privates Unternehmen stand das Gebäude ab 2006 leer. 2012 wurde es für das "Bridge Studio" umgebaut. Dabei verlor das Gebäude seine Segmenttore der Fahrzeugeinfahrten und den grün-roten Farbanstrich, den Rümmler dem Bauwerk gegeben hatte. Erhalten blieb hingegen die vor allem Straßenseitig an ein Schiff erinnernde Silhouette des Gebäudes.  

 

Die "Argusauge" wird aktuell im Auftrage des Senats durch die Wasser-und Kulturbau GmbH Hönow“ betrieben, siehe auch den Artikel "Bröckelnde Mauern".

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Das durch Rainer G. Rümmler errichtete Gebäude der ehemaligen Brückenmeisterei auf der Seestraßeninsel im August 2025.

| Das durch Rainer G. Rümmler errichtete Gebäude der ehemaligen Brückenmeisterei auf der Seestraßeninsel im August 2025.  


Brückenprüfschiff Argusauge dreht im Landwehrkanal in Kreuzberg.

| Die Steuerbordseite der "Argusauge". Neben dem Teleskoparm ist vor allem das absenkbare Fahrerhaus zu sehen, das auf Grund niedriger Kanalbrücken notwendig ist. Im Hintergrund die Fläche des einstigen, anlässlich des Ausbaus des Halleschen Ufers (als Zubringer für eine nie realisierte Autobahn) zugeschütteten Schöneberger Hafens. Ihn rühmte einst Theodor Fontane ob seines alten Baumbestands.