BEZIRK MITTE VON BERLIN

Ein Wachturm...


...am Potsdamer Platz

Ein Wachturm

am Potsdamer Platz

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1 | Ein Spaziergang zum Martin-Gropius-Bau

Auf dem Weg vom Potsdamer Platz zur Archäologie – Ausstellung im Martin – Gropius – Bau erblickten wir ihn – jenen letzten Wachturm der Berliner Mauer vom Typ BT 6, welcher einst zusammen mit 200 weiteren dazu bestimmt war, etwaige Fluchten rechtzeitig zu erkennen und zu unterbinden.


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Wagte man früher angesichts ihrer auch mit Ferngläsern und Kameras bewaffneten Besatzungen, kaum zu den zahlreichen Wachtürmen entlang der Berliner Mauer aufzusehen, so packte Franzi und mich doch die Neugier. Denn auch dieses heute eher so unscheinbare Bauwerk ist, leider, ein Stück unserer wechselvollen Geschichte. Und wer hat jene Türme, von denen wir einst auch als "Westler" so scharf beobachtet worden sind, je schon von innen gesehen? Spenden für den Erhalt des Turms gern beim heutigen privaten Betreiber, Herrn Jörg Moser - Metius  (welcher einst den Erhalt des Wachturms organisierte) unter Die Mauer- The Wall / Wachturm.

Der Wachturm in Gesamtansicht.

| Der ehemalige Grenzwachturm in der Erna - Berger - Straße 

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Aufstiegsleiter zum Dachscheinwerfer.

| Kanzel des Grenzwachturms mit Aufstiegsleiter zur Scheinwerfer - Plattform 

2 | Der letzte seiner Art

Bereits kurze Zeit nach dem Bau der Berliner Mauer 1961 war die DDR bestrebt, die eher behelfsmäßigen Absperrungen durch ein immer perfekteres System an Sperranlagen, Mauern und Grenzschutzstreifen zu ersetzen. So wurden ab 1966 auch die ursprünglich hölzernen Beobachtungstürme der Grenztruppen durch sogenannte "Rundblickbeobachtungstürme" aus Betonfertigteilen ersetzt.

 

Bis 1989 entstanden entlang der Berliner Mauer über 200 Türme des Typs BT 6. Hierfür typisch war die mehreckige Kanzel mit ihren schräggestellten Fensterelementen und Schießscharten sowie dem röhrenförmigen Turmschaft mit den Metalleitern im Inneren.

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3 | Der Turm am ehemaligen "Haus der Ministerien"

Zur Sicherung des Grenzstreifens am ehem. „Haus der Ministerien“ (heute „Detlev-Rohwedder-Haus“, erbaut während der NS – Zeit "Reichsluftfahrtministerium“) wurde der Turm 1971 errichtet, in dessen Kanzel jeweils 2 Soldaten rund um die Uhr auf engstem Raum ihren Dienst taten. Eine Heizung und auch eine Toilette gab es nicht, und so waren die Acht-Stunden-Schichten nicht ganz einfach zu bewältigen.

 

Dass der Turm bis heute erhalten blieb, ist dem Denkmalschutz zu verdanken, welcher den letzten Vertreter seiner Art unter Schutz stellte. Denn der Bebauung am Leipziger Platz stand er im Wege. So aber nun wurde er sorgsam gesichert und um wenige Meter Richtung Osten an seinen heutigen Standort versetzt. Dort jedoch blieb er nun sich selbst überlassen.

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Blick auf die Leiter zum Dachscheinwerfer und in den Innenraum der Kanzel.

| Aufstiegsleiter zur Scheinwerfer - Plattform. Unter den Fenstern die zum Teil offenstehenden Schießscharten. 


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Blick von der Wachkanzel nach unten zum Turmsockel.

| Zugangsleitern zur Turmkanzel. Auf halber Höhe die kleine Metallplattform zum Leiterwechsel. 

4 | Aufstieg in die Vergangenheit

Schließlich übernahm Jörg Moser - Metius den Turm von der Stadt Berlin und sanierte ihn denkmalgerecht mit der Unterstützung vieler Berliner Firmen. Freiwillige Helfer sorgen dafür, dass er heute zu besichtigen ist.

 

Am Eingang des Turms angelangt wurde mir eine Tür geöffnet. Ich erhielt Handschuhe, damit ich von den kalten Streben der fest in der Wand montierten Metallleiter nicht abrutschte. Dann begann der Aufstieg. Strebe für Strebe, ohne die Routine der früheren Grenzsoldaten, welche die Metalleiter in der engen Röhre sicher erheblich schneller bewältigt haben. Zudem hatte ich meine schwere Kameraausrüstung zu tragen.

 

Auf halber Höhe dann eine kleine Metallplatte, auf der ich dann die Leiter zu wechseln hatte. Denn heute führt nur noch eine bis ganz hinauf in die Kanzel. Oben angekommen, blickte ich mich erst einmal um. Hier also standen jene, dank derer eine Flucht über die Grenze zu einem unkalkulierbaren Risiko wurde.

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5 | Gedanken über Grenzsoldaten im Turm

Oft waren dies einfache Wehrpflichtige, die selbst mit dem Regime nur wenig gemein hatten und hier ganz einfach standen, um etwa die Zulassung zur Uni zu erhalten. Den Wehrdienst jedoch zu verweigern, das hatte in der DDR erhebliche Nachteile zur Folge. So versuchte man, den Dienst „bei der Fahne“ (DDR - Jargon) möglichst schnell und ohne Probleme hinter sich zu bringen. 

 

Oben in der Kanzel stand man stets zu zweit. Nicht nur, um den Grenzstreifen besser unter Kontrolle zu haben, sondern auch, um im Fall einer Flucht ein womögliches „Wegsehen“ zu unterbinden. Denn niemand wusste, wer neben einem stand – oft waren unter den Grenzern auch Angehörige des MfS (Ministerium für Staatssicherheit), die in einem solchen Fall kein Pardon gegenüber den Soldaten gekannt hätten. Auch hatten Sie die Aufgabe, eventuelle Fluchtversuche der Soldaten selbst - von denen es im Laufe der Zeit einige gegeben hatte - zu unterbinden.

 

Was wohl all die Soldaten, die hier im Laufe der Jahrzehnte gestanden haben, bei ihrem eintönigen Dienst so gedacht haben mögen? Nun, eine überaus beeindruckende Erfahrung war der Besuch des Wachturms in jedem Fall. 

Blick in den ehemaligen Mauerstreifen.

| Blick vom Grenzturm auf den ehemaligen Grenzstreifen. Der Turm wurde zwar versetzt, blieb jedoch im Bereich der früheren Mauer. Vorne links eine Dame mit auffälligem gelben Kopftuch, dass sie angesichts der Kälte trägt. Wer das wohl ist... 

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Der Deutsch-Französische Kultursender "Arte" veröffentlichte in Kooperation mit dem ZDF und Radio Kanada eine Dokumentation, welcher die Berliner Mauer, gefilmt von einem Kanadier im Jahr 1987, komplett zeigte. Beachten Sie: Ein Klick auf das Bild leitet Sie direkt weiter auf die Plattform YouTube. Dort kann es zur automatisierten Erhebung von Daten durch YouTube kommen.

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