Restaurant Wilhelm Freiberg
Mariendorfer Damm
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▮ Alte Chaussee nach Dresden / Bundesstraße 96
Die B96. Vom Halleschen Tor nach Dahlewitz
Die heutige B 96 ist Teil der alten Chaussee nach Dresden. Vom Halleschen Tor über den Mehringdamm, Tempelhofer, Mariendorfer und Kirchhainer Damm, der Stadt- und Landesgrenze, dem Roten Dudel, Mahlow, (Blankenfelde), Glasow und Dahlewitz. Mit allen auf der Strecke bereits porträtierten Läden, alten Ansichten und Bauwerken...
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1 | Zwei rätselhafte Häuser am Mariendorfer Damm
Bild und Text: Lutz Röhrig
Aufmerksamen Spaziergängern und Autofahrern werden sicher die beiden eingeschossigen Häuser aufgefallen sein, die sich links und rechts des Mariendorfer Damms kurz vor dem Volkspark gegenüber stehen.
Während das eine durch seine rötliche Ziegelsteinoptik hervorsticht und derzeit einen Kindergarten beherbergt, fällt das andere eher durch einen aus neuerer Zeit stammenden Vorbau eines inzwischen nicht mehr bestehenden Haushalts- und Eisenwarengeschäftes auf.
Beide so unterschiedlich in Baustil und Größe wirkende Gebäude haben scheinbar nichts miteinander zu tun, doch belehrt uns die Geschichte eines Besseren…
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2 | Die Familie des Mariendorfer Bürgermeisters Freiberg
Georg Freiberg wird bereits von 1530 bis 1549 als Bürgermeister von Berlin erwähnt. 1542 hatte er gemeinsam mit Hans Tempelhoff (junior) ein Waldstück hinter "Richardsdorf" (Rixdorf) erworben und geteilt. Seit dem 17. Jahrhundert stellt die Familie Freiberg den Schulzen von Mariendorf (siehe auch Gutshof Freiberg Alt Mariendorf) Sie betrieb neben der Landwirtschaft auch eine an der Straße nach Berlin (Mariendorfer Damm) gelegene Gastwirtschaft, die von den durchziehenden Reisenden lebte.
Sie befand sich an der Stelle, an welcher später Adolf Dahlmann ein Restaurant eröffnete. Dieses wurde dann offenbar wieder von der Familie Freiberg übernommen. In heutiger Zeit wurde das Gebäude über viele Jahre durch das inzwischen nicht mehr bestehende Eisen- und Haushaltswarengeschäft "Arncken" genutzt.
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3 | Der Eiskeller und das zweite Restaurant
Bald reichten die vorhandenen Lagermöglichkeiten der Gastwirtschaft nicht mehr aus, so dass Wilhelm Freiberg 1868 auf der anderen Straßenseite - dem ersten Gasthof gegenüber - einen gemauerten Eiskeller auf altem Gemeindeland errichtete.
Als 1887 die Pferdestraßenbahn bis nach Mariendorf verlängert wurde, stieg damit zugleich auch die Zahl der Ausflügler stark an. Anlass für Wilhelm Freiberg, in den Jahren 1888-89 unmittelbar neben dem Eiskeller ein zweistöckiges Restaurationsgebäude aus festem Backsteinmauerwerk durch den Maurermeister G. Rehfeld planen und erbauen zu lassen.
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4 | Planungen zum Bau des Gemeindeparks
1901 entschloss sich die Familie, die prosperierende Restauration um einen eingeschossigen Saaltrakt zu erweitern, der 1902 durch das Baugeschäft Karl A. Schmidt fertiggestellt wurde. Ein weiterer Umbau folgte 1908, als dem Gebäude u. a. eine heute nicht mehr erhaltene Kegelbahn angefügt wurde. Die Gaststätte verfügte auf ihrem großen Außengelände auch über einige Teiche, auf denen Boote ausgeliehen werden konnten.
1907 schlug der Mariendorfer Gemeindevorsteher Wilhelm Hugo Westphal vor, einen Gemeindepark anzulegen. Der Grunderwerb hierfür begann 1908. Nach Aufnahme eines Darlehens erwarb die Gemeinde 1909 auch die Teiche Freibergs. Doch auf Grund des Ersten Weltkriegs und seiner Folgen konnte der "Volkspark Mariendorf" erst 1931 fertiggestellt werden.
Die Teiche behielten beim Einbezug in den Gemeindepark auf Grund von Bürgerprotesten im Wesentlichen ihre bisherige natürliche Form. Das nach einem späteren Besitzer des Freibergischen Restaurants als "Blümelteich" benannte Wasserbecken erhielt erst bei einer erneuten Umgestaltung zum Modellsegelbootsteich im Jahr 1938 seine heutige rechteckige Form. Nach dem Krieg wurden 1949 u. a. die hohe Freitreppe sowie die Mauer aus Feldsteinen am östlichen Ufer errichtet.
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5 | Nachnutzung - und Gegenwart
Die ursprüngliche Gaststätte der Freibergs auf der anderen Straßenseite blieb zunächst weiter bestehen, bis sie vom Gastwirt Adolf Dahlmann übernommen wurde.
Ds alte Backsteinhaus hingegen wechselte im Laufe der Zeit mehrfach den Besitzer. So erwarb auch der Gastwirt Karl Blümel das Gasthaus. Ein Umstand, dem der benachbarte „Blümelteich“ seinen Namen verdankt. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die beliebte Gaststätte am heutigen Gemeindepark in ein Kinderheim umgewandelt und erhielt in den 1930er Jahren eine Erweiterung. Diese Erweiterung erstreckt sich bis über den auf der Rückseite des Gebäudes noch vorhandenen alten Eiskeller, der jedoch bis heute erhalten blieb.
Das als Gaststätte weiterhin durch Adolf Dahlmann betriebene Gebäude, welches dem alten Backsteinbau von 1888 noch immer gegenüber lag, wurde schließlich wieder von der Familie Freiberg übernommen. Das Haus erfuhr in neuerer Zeit eine Nutzung als Fachgeschäft "Arncken" für Eisen- und Haushaltswaren. Nach dem Auszug der Fa. Arncken werden die Geschäftsräume derzeit von mehreren Dienstleistern genutzt. Der alte Schriftzug "Restaurant Wilhelm Freiberg" prangt jedoch noch immer an der Fassade. Beide Gebäude repräsentieren somit ein wichtiges und interessantes Kapitel der Geschichte Mariendorfs.
| Das zu diesem Zeitpunkt von Christian Neubecker betriebene Restaurant Freiberg. Während das obere Bild der Postkarte das Restaurantsgebäude mit dem späteren Festsaal - Anbau zeigt, ist rechts das Innere dieses Festsaals zu sehen. Im unteren Bild ist die Seite zum heutige Volkspark mit den Blümelschen Teichen dargestellt, in denen hier auszuleihende Ruderboote verkehren.
| Blick vom Blümelschen Teich zur damaligen Chausseestraße (heute Mariendorfer Damm). Auf dem Teich eines der bei Freiberg auszuleihenden Ruderboote. Während das Eckhaus an der Richterstraße bis heute erhalten blieb, wurde das kleine Bauernhäuschen rechts daneben in den 1930er Jahren durch einen Neubau ersetzt. Erst in jüngster Zeit wurde hingegen das zweite, halb durch die Bäume verdeckte Bauerngehöft Mariendorfer Damm 106 abgerissen.
| Der zur Gaststätte gehörige Blümel - Teich (benannt nach dem ehem. Inhaber der Gaststätte). An den beiden Buden am Teich konnten Ruderboote ausgeliehen werden. Rechts schloss sich dann der große Garten des Restaurants an. Auch bemerkenswert: Erst in großer Ferne sind die Häuser Berlins auszumachen, davor weite Wiesen und Felder.
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6 | Die Restaurierung des Blümelteiches 2019 - 2020
Im Januar 2019 begannen umfangreiche Arbeiten zur Restaurierung des Blümelteiches. Bäume mussten gefällt werden, damit die längst baufällige Uferbefestigung instand gesetzt werden konnte. Am Boden des Teiches hatte sich zudem im Laufe der Jahrzehnte eine ca. 70 cm starke Schicht aus Faulschlamm abgesetzt. Um sie zu beseitigen, war ein Abfischen des Teiches notwendig, um das Wasser ablassen und den Schlamm mit Baggern abtragen zu können. Ingesamt waren 5000 Tonnen Schlamm nach dem Trocknen abzutransportieren. Zudem wurde in der Nähe ein Brunnen gebohrt, aus dem der Teich nach dem Abschluss der Arbeiten wieder befüllt und bei Bedarf nachgefüllt werden kann.
Am 19. Juni 2020 um 10 Uhr fand die Übergabe des für insgesamt 2,5 Millionen Euro denkmalgerecht sanierten Teiches durch Christiane Heiß, Bezirksstadträtin für Bürgerdienste, Ordnungsamt und Straßen- und Grünflächenamt, an die Öffentlichkeit statt.
| Der Blümelteich am Tage der offiziellen Übergabe nach Abschluß der Baumaßnahmen. Blick in Richtung Mariendorfer Damm.
| Der Blümelteich am Tage der offiziellen Übergabe. Blick in Richtung der Freitreppenanlage am östlichen Ufer. Im vorderen Teil die wiederhergestellte Trennung zum naturbelassenen Teil des Teiches am Mariendorfer Damm.
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